Gedanken über die Erziehung
An anderer Stelle habe ich bereits gesagt, einen ADD-ler "erzieht" man nicht! -lächel- Ich möchte diesen Gedanken hier ein wenig ausbauen.
Jeder muss sich darüber im Klaren sein, dass Kinder mit ADD ein ausgeprägtes Gefühl dafür haben, wenn ihnen etwas vorgemacht wird. Sie bemerken sehr schnell, wenn hinter dem Gesagtem und dem Handeln von Erwachsenen nichts steckt. Daher ist Ehrlichkeit und Klarheit eine Grundvoraussetzung um Zugang zu ihnen zu finden.
Ich zitiere hier einmal aus einem Beitrag in einem Forum zu ADD: "ich stehe vor meinem sohn und mache mir unvorstellbare vorwuerfe, warum habe ich ihn all die jahre nicht verstanden bzw. falsch behandelt. am liebsten wuerde ich mich den ganzen tag bei ihm entschuldigen aber ich kann es einfach nicht gut machen und das ist es was mich zu boden wirft."
Solche Selbstvorwürfe sind keine gute Basis dem Kind zu helfen! Hier muss man einen Schlussstrich ziehen, was war, das war! Und "Wiedergutmachung" kann es nur dadurch geben, dass man nun seine Erkenntnisse nutzt und das Kind befähigt, seinen Platz im Leben zu finden.
ADD hat seine Ursache nicht in falscher Erziehung, so es auch einige Leute gibt, die das groß verkünden. (Ist aber kein Wunder, der "hervorragenste" Vertreter dieser Gilde ist ja auch Familientherapeut und verdient damit sein Geld.) Und solange man die Hintergründe der "Verhaltensauffälligkeiten" nicht erkannt hat, solange man diese nicht einzuordnen in der Lage ist, solange wird man keinen anderen Weg der Erziehung finden.
Erst mit der Erkenntnis ist das möglich und dann auch dringend angezeigt. Leider ist es aber oft so, dass Eltern sagen, warum soll ich mich ändern, das Kind ist ja krank, es muss geändert werden! Dafür bekommt es ja Medikamente. Und ich liebe es so, wie es ist, kommt dann stets als Nachsatz.
Nein, so wird es nichts! Es wird nun höchste Zeit erst einmal sich zu ändern! Hier kommt die Frage nach der Einstellung! Es geht nicht darum, sein Kind zu lieben, wie es ist, es geht darum es zu verstehen! Und es geht um einen anderen Ansatz, nicht das "Negative" darf im Vordergrund stehen, das "Positive" muss erkannt werden und gefördert. Der Mensch ist doch ein Ganzes, das Negative und das Positive an ihm haben die gleiche Grundlage, "zerstöre" ich diese Grundlage, zerstöre ich den Menschen als Gesamtheit, auch das Positive.
Es muss also Inhalt der Erziehung sein, das Kind zu befähigen seine Positiva zu stärken und mit den "negativen" Seiten umgehen zu lernen. Ich denke das ist der Ansatz, den es zu erkennen gilt!
Und nun kann gehandelt werden!
ADD-ler brauchen feste Regeln in ihrem Leben an denen sie sich orientieren können. Darauf baut der erste Gedanke zu einer sinnvollen Erziehung auf. Es ist notwendig zu analysieren, wo die größten Probleme liegen. Hier geht es nun nicht um gestörte Aufmerksamkeit, Impulsivität oder ähnliches. Es geht einfach darum, wo bestehen praktische Schwierigkeiten. Ich bringe hier immer wieder das Beispiel mit dem morgendlichen Trödeln! Nie wird das Kind rechtzeitig fertig, jeden Morgen die gleiche Hektik, kein guter Beginn des Tages für alle Beteiligten. Hier greift nun die Regel, es wird ein fester Ablauf festgelegt. Zum Beispiel Aufstehen, Bad, Frühstück, Anziehen, Sachen zusammensuchen und wenn dann Zeit ist, kann gespielt werden! Dieser Ablauf wird mit dem Kind besprochen, seine Gedanken müssen mit einfliesen, und dann eingeübt. Jeden Morgen gleich! Anfangs wird laufend kontrolliert und erinnert, später wenn es sich fast eingeschliffen hat nur noch sporadisch. Für diese Regel brauch es nicht einmal Sanktionen, das Kind erkennt sehr schnell, dass es Vorteile aus einem solchen Ablauf hat. Wenn sich dieser Ablauf fast gefestigt hat geht es an die nächste Regel. Aber bitte, nicht das ganze Leben reglementieren!!! ADD-ler brauchen ihre Freiräume! Regeln werden nur für die wichtigsten, am meisten zu Konflikten führenden, Abläufe angewendet. Beim Eintrainieren solcher Abläufe ist sehr viel Geduld und Liebe notwendig, bitte das nie vergessen!
Ähnlich ist es mit Verboten! Es bringt absolut nichts, das Leben über Verbote regeln zu wollen. Innerhalb kürzester Zeit sind diese sonst vergessen! Auch hier gilt es das Wichtigste zu erfassen! In der Regel wird es dabei anfangs um Feuer, Gas und Strom gehen. Bewährt hat sich hier, wenn auch nicht unumstritten, die Methode des schlechten Beispieles. Dem Kind wird ein Verbot oft viel logischer erfassbar, wenn es weiß warum. Wer die Möglichkeit hat, eine Demonstration der Feuerwehr zum Thema Feuer mit dem Kind zu besuchen, sollte diese Nutzen. Verbote müssen im Gegensatz zu vielen Regeln mit Sanktionen durchgesetzt werden. Hier ist es jedoch ganz wichtig, dass die Strafe immer im Zusammenhang mit der "Tat" stehen muss. Hier sollte uns eine Regel aus der Hundeabrichtung Vorbild sein! Dort gilt, der Hund muss immer einen Zusammenhang zwischen seinem Handeln und der Strafe herstellen können. Nach einem verstrichenen langem Zeitraum hat die Sanktionierung selten noch eine Wirkung, da sie mit dem ursprünglichem Vergehen nicht mehr in Zusammenhang gebracht werden kann! Die Art der Strafe für "Vergehen" muss dem Kind vorher bekannt und angekündigt sein, über die Art kann ich hier leider nicht also viel sagen, zu verschieden sind die Kinder und zu verschieden ihre Interessen und Befindlichkeiten. Nie darf die Strafe aber entwürdigend für das Kind sein, sie bewirkt sonst das Gegenteil und ein ausgeprägtes Trotzverhalten.
Aber viel wichtiger als Strafen und Sanktionen ist Lob! Um diese Kinder zu formen ist eine ständige aufbauende Unterstützung notwendig! Jeder kleine Fortschritt muss entsprechend gewürdigt werden, und oft reicht es schon, dem Kind zu zeigen, man hat die Veränderung bemerkt. Überschwängliches Lob führt oft zum Gegenteil, die Kinder bemerken den Hintergrund und werten es als das Gegenteil!
Wichtig ist noch etwas, obwohl man erwachsenen ADD-lern nachsagt, sie suchen das ungewohnte, das Ungewöhnliche, stetige Veränderung des Normal- oder Alltagszustandes, um den Kick zu bekommen, verkraften Kinder solche Veränderungen kaum. Sie kommen ja nicht aus eigenem Willen, die Änderungen werden von außen zwangsweise herbeigeführt. Daher sind solche grundlegenden Veränderungen im Leben dem Kind rechtzeitig anzukündigen, zu erklären und es ist darauf vorzubereiten. Sie können sich nicht so schnell umstellen, daran muss man immer denken.
Es bleibt eigentlich nur noch etwas zu sagen, Handeln ist besser als Reden, ADD-ler sollten an die Hand genommen und sie so bei der Problemlösung unterstützt werden.
Liebevolle Konsequenz, das ist das Zauberwort! Und versuchen Sie nicht Ihr Kind von grund auf zu ändern, sie würden ihm damit seine Persönlichkeit nehmen.