Liebeserklärung an ein hyperaktives Kind

 

Mir sind die Nerven durchgegangen ...

Ich habe das Buch auf den Tisch geknallt und geschrieen, was in keinem Wörterbuch steht. Dabei hasse ich schreien. Aber ich wurde so unerträglich herausgefordert, das ich die Geduld und die Beherrschung verloren habe. Jetzt schäme ich mich. Hätte ich als Erwachsene nicht doch die Übersicht über die Situation behalten müssen?

Jedoch ich weiß aus Erfahrung: Mein hyperaktives Kind wird sich meine Entgleisung nicht zu Herzen nehmen; es ist nicht nachtragend. Es verzeiht und vergisst Böses leicht. Was für eine wunderbare Eigenschaft, die ich für mich selbst wünschen würde! Zutraulich, ohne böse Hintergedanken und Vorurteile, ermöglicht es mir immer wieder einen Neuanfang. Es hat mich gelehrt, jeden Morgen wieder mit einem Blickaustausch, einem Lächeln und einer Umarmung zu beginnen, ganz gleich, was am Vortag auch vorgefallen sein mag.

Auch seine spontane Hilfsbereitschaft rührt mich, wenn es - wie üblich ohne einen Gedanken an die Folgen für sich und andere zu verschwenden - seinen letzten Besitz fortgibt.

Wie erfrischend ist eine übersprudelnde Freude, wenn ihm etwas gelungen ist und es anerkannt wird. Wie mich seine Begeisterung für alles Neue mitreißen kann und seine spontanen, schauspielerisch-gekonnten Einlagen im Deutschunterricht (sofern es beim Thema bleibt! ...).

Mit welcher Leichtigkeit es zur Musik eine pantomimische Darstellung gibt.

Es bringt mich auf neue, oft ausgefallene Ideen und ist selig, wenn ich mitmache. Es beflügelt meine Phantasie, wenn ich es nur zulasse.

Und wie kein anderes Kind benötigt es meine Führung, um seine Höhenflüge zu steuern und seine Bauchlandungen zu mildern.

Wirklich, mein hyperaktives Kind gönnt mir kaum einen Augenblick Ruhe, es fordert rücksichtslos meine letzten Kraftreserven und bringt mich oft fast zur Verzweiflung, aber ich kann nicht anders:

Ich muss es einfach lieb haben!

Eine Mutter (oder auch ein Vater!)